Wie geht es weiter im Flussstraßenviertel?

Dem Flussstraßenviertel steht ein großer Umbruch bevor. Die Gebäude sind zu einem Großteil aus den 1930er bis 1950er Jahren – es besteht hoher Modernisierungsbedarf. Das hat man schon seit längerem erkannt. „Bereits 2013 ist das Flussstraßenviertel in das Bund-Länder-Programm ‚Soziale Stadt‘ aufgenommen worden mit dem Ziel, das Quartier in seinem Wohnungsbestand und Wohnumfeld zu entwickeln und dabei dem klimatischen und demographischen Wandel anzupassen“, erklärt Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. 2016 beschlossen die Stadtverordneten das integrierte Handlungskonzept, welches als Arbeitsgrundlage für das weitere Vorgehen im Viertel dient. Derzeit befindet sich das Quartier in einem Verstetigungsprozess, nachdem 2022 das Förderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ ausgelaufen ist.

„Einige Punkte aus den Konzepten konnten wir bereits umsetzen – dazu gehören der Neubau in der Fuldastraße, der 2020 bezogen werden konnte, und der Abriss in der Weserstraße. In diesem Jahr starten wir dann dort mit dem Neubau“, so Wohnbau-Geschäftsführerin Dorothee Haberland. 2023 hat die Wohnbau mit der Quartiersentwicklung des Flussstraßenviertels begonnen. Die zuvor erarbeiteten Konzepte wurden gesichtet und es wurde geschaut, wie die Rahmenplanung von 2018 umgesetzt werden kann. „Dieser Plan sah fast einen kompletten Neubau vor. Das wäre wirtschaftlich für uns nicht darstellbar gewesen. Wir sind somit zu dem Entschluss gekommen, dass das Neubauprogramm über einen längeren Zeitraum stattfinden muss“, betont Haberland. Die Bausubstanzuntersuchung durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen hat im vergangenen Jahr ergeben, dass große Teile der rund 800 Wohnungen modernisiert werden können und nicht abgerissen werden müssen. Das kommunale Wohnungsunternehmen hat auf Grundlage der Bausubstanzuntersuchung Konzepte erarbeitet, wie die Zukunft des Viertels aussehen soll, was modernisiert werden kann und was in den nächsten Jahren neu gebaut werden soll. Diese Konzepte wurden dem Aufsichtsrat und der städtischen Lenkungsgruppe vorgestellt, bevor nun die Mieter informiert wurden.

Die Wohnbau hat alle Mieter des Viertels eingeladen, rund 120 Mieter:innen haben zugesagt. „Wir hatten uns ein etwas größeres Interesse erhofft, zumal es um die Zukunft der Wohnungen geht. Wir freuen uns aber, dass einige Mieterinnen und Mieter gekommen sind, die wir umfassend informiert haben“, kommentiert Haberland das Fest. Die Mieterschaft hatte nicht nur die Gelegenheit, sich die konkreten Wohnbau-Pläne anhand einer Präsentation durch die Geschäftsführerin Dorothee Haberland und André Reisig, verantwortlich für die Projekt- und Quartiersentwicklung in den Räumlichkeiten der Werkstattkirche persönlich erläutern zu lassen, sondern auch mit Mitarbeitenden der Wohnbau zu anderen Themen ins Gespräch zu kommen.

Modernisierungen und Neubau
Die weitere Planung sieht nach dem Neubau in der Weserstraße den Start der Modernisierungsvorhaben in der Schottstraße/Werrastraße ab 2026 vor. Dazu plant die Wohnbau ein Pilotprojekt zum seriellen Sanieren. „So können wir schnelleres Arbeiten garantieren und somit die Belastung für die Mieter senken, denn wir planen – wenn möglich – eine Sanierung im bewohnten Zustand“, sagt Haberland. Beim seriellen Sanieren werden die Bauteile im Vorfeld gefertigt, was den Bau-Prozess vor Ort deutlich beschleunigt. Für 2027 plant die Wohnbau den Neubau in der Werrastraße/Schwarzlachweg. Ein Ersatzneubau im Asterweg ist frühestens ab 2029 vorgesehen. Dem Gießener Wohnungsunternehmen ist sehr daran gelegen, mehr Wohnraum zu schaffen. Wenn es baurechtlich möglich ist, sollen deshalb auch bestehende Gebäude aufgestockt werden.

Bis die Modernisierungsvorhaben 2026 starten, ist die Wohnbau aber keineswegs untätig. In der Zwischenzeit wird – mit Unterstützung externer Fachleute – an Konzepten gearbeitet. So soll es ein Mobilitätskonzept geben, in dem der Frage nachgegangen wird, wie die Mobilität und vor allem das Parken in der Zukunft aussehen kann. Im Rahmen eines Sozialkonzepts beschäftigt sich die Wohnbau damit, welche Wohnungsgrößen, Standards und Qualitäten für die verschiedenen Zielgruppen benötigt werden. „Es ist uns wichtig, Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu schaffen. Selbstverständlich sieht die Wohnbau den Bedarf an Sozialwohnungen, weshalb auch im Flussstraßenviertel öffentlich geförderte Wohnungen gebaut werden“, betont Aufsichtsratsvorsitzender Francesco Arman.

Mobilitäts- und Sozialkonzept werden durch ein Kommunikationskonzept abgerundet. „Das Mieterfest im Flussstraßenviertel war nur der Startschuss für die weitere Kommunikation. Uns ist es wichtig, dass die Mieterschaft weiterhin auf dem Laufenden bleibt, keine Angst hat und umfassend informiert wird. Dazu wollen wir geeignete Kommunikationsformate und -orte schaffen“, erklärt die Wohnbau-Geschäftsführerin. Für diese Kommunikationsorte und zur besseren Identifikation mit dem Quartier, hat die Wohnbau ein eigenes Logo für das Flussstraßenviertel geschaffen, das auf dem Mieterfest enthüllt wurde.

Foto: Jan Will